
Ein Zeitungsbericht der „Neuen Westfälischen“ vom 21.01.2025
Lichtenau-Henglarn. Weidenflechten im Atelier von Claudia Gensch ist seit 2008 in Henglarn ein fester Bestandteil des örtlichen Kunsthandwerks. Jetzt hat Gensch etwas Neues ausprobiert. Sie flechtet Urnen aus Weidenruten.
„Ich war im Juli 2023 in den Niederlanden zu einem Flechtkurs. Da habe ich gesehen, wie Särge geflochten wurden. Etwas, was in den Niederlanden vollkommen normal ist. Es gehört zur dortigen Bestattungskultur dazu. Da bin ich neugierig geworden und habe mich informiert“, erzählt Gensch von ihrer ersten Begegnung mit den aus Weideruten gewobenen letzten Ruhestätten.
Einen Sarg zu flechten sei allein kaum zu schaffen, da schon die Verarbeitung des Materials körperlich sehr anstrengend sei. Die für einen Sarg zu nutzenden Ruten müssen sehr starr sein, um die nötige Stabilität zu erhalten. Die niederländischen Särge werden nach Aussage von Gensch häufig auch als Kleiderschrank bis zum endgültigen Einsatz genutzt. Etwas, was man sich bei einem herkömmlichen Sarg nur schwer vorstellen kann. Gensch entschied sich, es einmal mit Urnen zu versuchen. Im Frühjahr 2024 begann sie, erste Erkundigungen über die in Deutschland erlaubten Umsetzungsmöglichkeiten einzuholen. Zu berücksichtigen sei, dass die ins Geflecht einzusetzende Aschekapsel biologisch abbaubar sein und eine Größe von 16,5 mal 21 cm haben muss. Der geflochtene Korpus um die Kapsel ist freigestaltbar.
„Man kann Persönliches mit einflechten, wie zum Beispiel Lieblingsblumen. Meine erste Urne habe ich tatsächlich für jemanden geflochten den ich kannte. Das war sehr emotional. Ich habe bei jedem Weidenschlag an die Person denken müssen. Es war aber auch sehr schön, mit meiner Kunst dieser Person etwas Besonderes auf die letzte Reise mitzugeben. Der Tod gehört zum Leben dazu und mit einer individuell gestalteten Urne wird der letzte Gang zu etwas sehr persönlichem “, sagt Gensch, die auch geflochtene Grabkreuze anfertigt.
Die Urnen können sowohl bei ihr in Auftrag gegeben als auch selbst hergestellt werden. Die hübsch anzuschauenden Geflechte haben auf den ersten Blick nichts mit einer Urne gemein, so dass es durchaus möglich ist, die Urne bis zur endgültigen Nutzung in den Haushalt zu integrieren. „Ich habe eine Urne für eine Bekannte geflochten, die die Idee hervorragend fand, eine Urne nach ihren Vorstellungen zu erhalten. Ich habe es gern getan, ihr allerdings bei der Abholung auch gesagt, dass sie die Urne noch mindestens dreißig Jahre im Regal stehen lassen soll“, lacht Gensch, für die das Thema Tod nicht abschreckend ist.
„Immer mehr Menschen möchten in einem Friedwald die letzte Ruhe finden, ein Abschied im Einklang mit der Natur. Diesem Wunsch entsprechen auch meine Urnen, aus dem natürlichem Material Weide“, erklärt Gensch.
„Die Idee finden wir interessant und haben jeweils eine Urne in unseren Ausstellungen integriert. Sie ist handwerklich und ästhetisch sehr gut. Wir stehen den Weidenurnen positiv gegenüber. Ob sie sich durchsetzen werden, entscheiden aber die Kunden. Aber das dürfte auch eine Generationsfrage sein. Die Bestattungskultur ist im Wandel, Veränderungen brauchen Zeit, um sich durchzusetzen. Aber die Menschen sind offen für nachhaltige Bestattungen. Das erleben wir immer wieder mit unserer naturnahen Bestattungsformen waldLeben, wo Särge und Urnen aus heimischem Fichtenholz gefertigt werden“, erklärt Andreas Werner vom Bestattungshaus Sauerbier.
Ebenfalls offen für das neue Angebot ist Raphael Grundmann von Bestattungen Grundmann. Auch hier werden die Weidenurnen in der Ausstellung präsentiert. „Wir sind offen für den Einsatz der Weidenurnen, aber unsere Kundschaft entscheidet“, ist auch hier die Aussage.
Gensch ist optimistisch, dass sich ihre ansprechenden Weidengefäße durchsetzen werden. In diesem Jahr wird sie erstmals Urnenflechtkurse in ihrem Atelier in Henglarn anbietet: „Erste Anfragen kamen unmittelbar nachdem ich die ersten Urnen auf meine Internetseite gestellt habe“ .Mehr dazu unter www.weiden-flechten.de
Weidenurnen mit persönlichem Touch zum Abschied flechtet Claudia Gensch in Henglarn.